Hermann Wolf

12.März 1872

Der Arbeitskreis Aktives Gedenken in Dietzenbach erinnert an

Hermann Wolf

Hermann Wolf wurde am 12. März 1872 in Dietzenbach geboren.  Er ist das älteste von 4 Kindern der jüdischen Eheleute Isaak Wolf und Jettchen geb. Strauß aus Dietzenbach.

Hermann Wolfs Vorfahren gehen – wie die des Dietzenbacher Agrarmittelhändlers Max Wolf – auf ihren Urgroßvater Mardachai Wolf zurück, der etwa im Jahre 1766 in Dietzenbach geboren wurde.

Hermann Wolf heiratete im Oktober 1908 Emma geb. Moses (Jg.1883) aus der jüdischen Gemeinde Eppertshausen. Die Eheleute Wolf hatten 7 leibliche Kinder: Julius, Clementine, Irene, Jakob, Alfred, Marie und Bertha.

Die Familie wohnte in Dietzenbach im Haus Bahnhofstr.71. Dort unterhielten sie auch ein Viehhandelsgeschäft mit Ställen.

Hermann Wolf wurde 1914 – 1918 zum Kriegsdienst eingezogen. Für seine Militäraktivitäten im Ersten Weltkrieg hatte er die Kriegsauszeichnung Eisernes Kreuz I. Klasse erhalten.

1924 war Hermann Wolf zum Vorsteher der jüdischen Gemeinde Dietzenbach gewählt worden. Er richtete in der Bahnhofstr.71 einen Gebetsraum mit einer wertvollen Sakraleinrichtung ein.

Hermann Wolf betrieb einen blühenden Viehhandel und zählte noch bis Mitte der 1930er Jahre zu den wohlhabendsten Bürgern der Gemeinde Dietzenbach. Doch das Geschäft ging ab der NS-Machtergreifung 1933 und den von den NS-Machthabern eingeführten strikten Boykott-Maßnahmen gegen Juden schnell zurück. Sein Viehhandel kam 1937/38 fast zum Erliegen.

Im Frühjahr 1937 wurde Hermann Wolf aufs Dietzenbacher Rathaus bestellt. Dort sollte er auf legale Geldforderungen gegenüber seinen Schuldnern verzichten und sich bereit erklären, Haus und Hof völlig unterwertig zu verkaufen. Nachdem er sich geweigert hatte, wurde er von NS-Schlägern die Rathaustreppe hinuntergeprügelt. Er wurde dabei schwer verletzt.

Am 27.März 1937, es war jüdisches Pessach-Fest, wurde das Haus von Hermann Wolf in der Bahnhofstr.71 von einer jungen Nazi-Horde überfallen. Fensterscheiben zerbarsten. Es drohte ein Lynchmassaker. Hermann Wolf und sein ältester Sohn Julius wurden für mehrere Stunden in sog. Schutzhaft genommen.

Danach waren Hermann Wolf, seine Ehefrau Emma und die letzte noch im Haushalt lebende Tochter Bertha gezwungen, Dietzenbach zu verlassen. Sie zogen im Juli 1938 um nach Frankfurt a.M. in den Röderbergweg 8. Dort hielten sie sich noch knapp 3 Jahre lang auf.

In Frankfurt a.M. raubte ihnen die staatliche Devisenstelle ihr noch verbliebenes Vermögen. Sie hatten nicht das nötigste Geld mehr zum Leben. Sie planten, über Frankreich und Spanien mit dem Schiff nach New York zu flüchten. Dort lebten schon ihre Söhne Julius und Alfred.

Nach einem Kampf um deutsche Ausreisevisa, um französische und spanische Transitvisa und US-amerikanische Einreisevisa konnten sie Anfang August 1941 in einem Sammeltransport mit dem Zug nach Spanien fahren. In einem Internierungslager bei Sevilla infizierte sich Hermann Wolf mit Typhus, der damals noch nicht geheilt werden konnte.

Schließlich erreichten sie ein portugiesisches Schiff, das am 9.September 1941 von Lissabon in Richtung New York USA auslief. Der schwer an Typhus erkrankte Hermann Wolf erreichte lebend gerade noch Kuba und starb dort am 25.September 1941, wenige Tage nach der Ankunft, im Alter von 69 Jahren. Er wurde in Havanna beerdigt.

<Die Lebensgeschichte von Hermann Wolf kann ausführlich nachgelesen werden bei Horst Schäfer, „… und tilg nicht unser Angedenken  – Recherchen zum Bewahren der Würde der NS-Verfolgten Dietzenbachs“, S.45 ff>

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