Straße wird nach Dietzenbacher Hermann Wolf benannt

Aus der Offenbach Post vom 29.7.2023

In Dietzenbach wird eine Straße nach Hermann Wolf benannt. Er war der letzte offizielle Repräsentant der kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt.

Dietzenbach – Im jüngsten Neubaugebiet jenseits der Nordweststraße wird eine der neuen Straßen den Namen Hermann-Wolf-Weg erhalten. Initiiert hat das der Arbeitskreis Aktives Gedenken in Dietzenbach unter dem Dach des Vereins „Zusammenleben der Kulturen“ . „Er war der letzte offizielle Repräsentant der kleinen jüdischen Gemeinde in Dietzenbach“, begründet der ehemalige Richter Horst Schäfer die Entscheidung, der das Projekt federführend begleitet hat.

Der Viehhändler Hermann Wolf wird 1875 geboren und gilt wie seine Ehefrau Emma, als unbescholtenes festes Mitglied der Dorfgemeinschaft, wie in dem Buch „… und tilg nicht unser Angedenken“ von Horst Schäfer zu lesen ist.

Gemeinsam mit seinen sieben Kindern Julius, Clementine, Irene, Jakob, Alfred, Marie und Bertha lebt das Paar in einem großen Haus mit Stallungen und Garten in der Bahnhofstraße. 1917 wird Hermann Wolf der neue Vorstand der jüdischen Gemeinde, die in Dietzenbach seit Mitte des 18. Jahrhunderts besteht.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 soll sich das Schicksal der Wolfs jedoch wenden. Das Paar kann den gut gehenden Viehhandel von da an nur noch eingeschränkt betreiben und muss ihn schließlich ganz aufgeben. „In den Jahren der Nazi-Herrschaft von 1933 an, besonders in der letzten Zeit hatte es Wolf immer schwerer, sich mit seiner Familie durchs Leben zu schlagen und oftmals fehlten die Pfennige, um nur das Allernotwendigste kaufen zu können, zumal sein Viehhandel fast zum Erliegen kam“, bescheinigt Christian Ebert, Dietzenbacher Bürgermeister von 1948 bis 1958, während des ersten Entschädigungsverfahrens im Februar 1955. In einem späteren Verfahren kommt dann Emma Wolf zu Wort: „Mein in Kuba verstorbener Mann starb eindeutig an den Folgen der NS-Verfolgung.“ Hermann Wolf sei bereits in den ersten Jahren der Nazi Herrschaft verfolgt worden. Den Höhepunkt habe die Verfolgung jedoch am 27. März 1937 erreicht.

So wird Wolf im Frühjahr 1937 zum damaligen Bürgermeister Heinrich Fickel bestellt. Dieser verlangt von ihm auf finanzielle Ansprüche zu verzichten. Als Wolf nicht einwilligt, „wurde er fruchtbar geschlagen und die Treppe heruntergeworfen“, wie Emma Wolf später festhält. Eskaliert sei die Situation am jüdischen Osterfeiertag 1937, als Fickel mit „einer großen Nazihorde“ das Wolfsche Haus umstellt. „Sie zertrümmerten alle Fenster und Tore und schrien: Heraus mit den Juden“, hält seine Frau weiterhin fest. Ein von Wolf alarmiertes Überfallkommando nimmt den Hausherrn und die Söhne in Schutzhaft, „sonst hätte das Schrecklichste passieren können“. Emma Wolf schreibt weiter: „Seit dieser Zeit konnte es mein Mann nicht mehr zuhause aushalten, er hatte ständig Weinkrämpfe und war nervlich und psychisch vollkommen erledigt.“ In diesem Zustand habe der Bürgermeister ihren Mann dazu gezwungen ihren Besitz zu verschleudern. Die Familie zieht daraufhin nach Frankfurt und wandert drei Jahre später aus. Die Reise nach Amerika überlebt Hermann Wolf jedoch nicht. Er steckt sich unterwegs mit Typhus an und stirbt auf Kuba. Emma Wolf hingegen verbringt den Rest ihres Lebens in den USA. Die Ereignisse haben bei ihr tiefe Spuren hinterlassen. Im Januar 1970 stirbt sie im Alter von 87 Jahren in New York. (Von Anna Scholze)

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